Folge der Leiter!

«Die Entdeckung neuer Möglichkeiten, wie 'Dinge sein können', entwickelt sich zu einer Untersuchung der Beziehungen zwischen den Dingen selbst sowie zwischen Menschen und Dingen. Dies ist der Ausgangspunkt für die Entdeckung von Raum.»


Bis in die 1960er Jahre war in Japan Städtebau als gestaltende Praxis kaum ein Thema. In den Zeitschriften werden zumeist einzelne Gebäude vorgestellt, vornehmlich Wohnhäuser, dann auch öffentliche Bauten. Immer ist der Beschrieb technisch-sachlich, es werden Fragen der Konstruktion und des Ausdrucks behandelt. 1961 widmet das Magazin Kenchika Bunka dem Städtebau eine erste Nummer, die sich von der Konvention entfernt: Im November 1961 also, kurz nach der Proklamation des metabolistischen Manifests durch Kenzo Tange (1913–2005), Kiyonori Kikutake (1928–2011), Kisho Kurokawa (1934–2007) und andere, wird erstmals die Stadt als System anhand von internationalen Beispielen besprochen. Wichtiger Hintergrund ist die 1958 erfolgte Bewerbung Tokios für die Olympischen Sommerspiele 1964; der Zugriff auf das Thema Städtebau erscheint nach wie vor technisch, didaktisch und aber auch weit von der japanischen Realität entfernt.

Sehr anders dann die Sonderausgabe Nr. 206A («Japanischer Stadtraum») im Dezember 1963. Sie setzte ein völlig neues Paradigma. Es ist nicht schwierig, sich vorzustellen, wie der junge Architekt Kazuo Shinohara die Seiten durchblättert, alle Artikel aufmerksam liest und dabei insgeheim ein eigenes Forschungsprogramm wohl für die nächsten 40 Jahre entwirft.

Urban Turn bei Shinohara

Verantwortet wurde die Ausgabe unter anderem durch den Architekturhistoriker und -kritiker Teiji Itō (1922–2010). Itō arbeitete in den späten 1950er Jahren mit dem Architekturfotografen Yukio Futagawa (1932–2013) und gab mit ihm die sowohl für Japan wie den Westen einflussreiche Heftreihe Nihon no Minka heraus – Das japanische Minka[-Bauernhaus].1 Itō war auch einer der wenigen japanischen Architekten, die im Westen als Vermittler seiner Kultur auftraten. So war er Gastprofessor an der University Washington in den USA, eine Tätigkeit, die ihm sicher in Japan einiges an Prestige einbrachte.

Das Sonderheft über die Stadt gliedert sich in eine am Metabolismus orientierte Einleitung und Übersicht zum Thema, gefolgt von einer Reihe klar abgegrenzter Kapitel. Insbesondere die ersten drei sind mit ihren Titeln «Priciples of Space Order», «Method of Space Composition» und «Affector in Urban Space» eine weit ausgreifende Beschreibung verschiedener urbaner Phänomene – und erscheinen damit geradezu als das Gegenteil sowohl des metabolistischen Blicks der Einleitung als auch des gewohnt technokratischen Zugriffs. Die Kapitelnamen könnten auch Titel von Aufsätzen Shinoharas sein. Der phänomenologische Zugriff wird durch die Bildauswahl verstärkt.

Es werden viele belebte Strassenszenen gezeigt, teils fotografisch aus wenigen nach dem 2. Weltkrieg noch erhaltenen alten Stadtteilen oder aus Dörfern. Die Fotos werden begleitet durch Reproduktionen von bemalten Wandschirmen, Schriftrollen oder Holzdrucken. Es kann kein Zufall sein, dass Shinohara als frisch berufener Assistenzprofessor am Tokyo Institute of Technology (TIT, heute Toyko Tech) etwa ab dieser Zeit ausgerechnet in alten Poststationen entlang der fünf kaiserlichen Wege (sogenannte «Poststädte», Shukuba-eki) zu forschen begann und ab 1966 mit Publikationen auch akademisch sichtbar wurde.

Die phänomenologisch und morphologisch geprägte Sicht auf die japanische Stadt hat mehr die Architektur als den Städtebau verändert. Letzterer blieb weitgehend dem Zugriff der Architekturschaffenden entzogen und den Kräften von Kapital und Verwaltung überlassen, welche die Stadt eher unter den Aspekten von Brandschutz, Infrastruktur und Steuererhebung planten und optimierten. Und so scheint es geradezu folgerichtig, dass urbane Phänomene von der Architektur verinnerlicht wurden. Ein Beispiel etwa für traditionell typische städtische Räume, die gerne als Motiv übernommen wurden, sind die oftmals engen Gassen, sogenannte Rōji. Transformiert zu «urbanen» Innenräumen finden sie sich zuerst bei Hiroshi Hara (1967, Ito House) und Shinohara, später dann auch bei Takamitsu Azuma, Kazunari Sakamoto, Toyō Itō und anderen.2

Der «Urban Turn» erfolgt bei Shinohara um 1968 mit South House in Hanayama, bei dem ein Rōji- und spaltartiger Bewegungsraum wichtige Bereiche im Haus verbindet. Er mündet in den Zweiten Stil des Architekten mit Häusern, dessen stilbildende Raumdramaturgie sich dialektisch zwischen dramatisch-vertikalen Bewegungs- und gekammert-ruhigen Wohnräumen bewegt. Der genaue Grund für Shinoharas urban-mimetisches Entwerfen ist nicht geklärt.

In einem Gespräch Shinoharas von 1975 mit dem befreundeten Philosophen, Hobbyfotografen und Publizisten Kōji Taki (1928–2011) über die Bedeutung der Stadt in den eigenen Entwürfen verschliesst sich der Architekt einer Antwort. Das Interview ist dennoch aufschlussreich, denn Taki leistet die Deutungsarbeit: Er spricht von einem «feeling of town» oder «image of the city», einer «original landscape of humanity», und er schliesst, «the city in the metaphysical sense […] becomes visible in [Shinohara’s] residences».3

Es ist bezeichnend, dass Shinohara sich zwar bis zu diesem Interview eingehend ästhetisch und analytisch mit der Stadt auseinandergesetzt hat und im Zusammenhang mit Tanikawa House sogar allgemein von der Strasse als einer «transversal cross-Section» durch eine Stadt spricht, – doch weder im entsprechenden Essay noch im erwähnten Interview möchte er ein solches Phänomen direkt auf seine Entwürfe übertragen.4 Das Gespräch zwischen Taki und Shinohara erscheint aus westlicher Sicht wie ein bizarres Aneinandervorbeireden. Doch mit einem Blick auf Shinoharas spätere Theorie wirkt es wie die Eröffnung einer Schachpartie, ein taktisches Herantasten an eine mögliche neue theoretische Position. Kurz nach Erscheinen des Interviews wird Shinohara mit House in Uehara einen Entwurf vorstellen, dessen Innenraum er selbst als Urban Jungle charakterisiert.5

Fragmentierter Raum und Zero Person

House in Uehara kann als eine Vorwegnahme auf den Vierten Stil Shinoharas gesehen werden, bei dem die Vitalität und das Chaos Tokios zum alles überformenden Entwurfsthema werden. Das Vorspiel gibt 1985 das eigene, kleine House in Yokohama, das etwa zur selben Zeit entsteht wie das viel grössere und aufsehenerregende Projekt für die Centennial Hall des Tokyo Institute of Technology (1987), die nach dem Jubiläum 1981 der Hochschule als Ausstellungs- und Konferenzgebäude konzipiert worden war.

Shinohara versteht die Centennial Hall als eine «Architekturmaschine», die einen «Dialog zwischen Campus und Stadt» etabliert. Erreicht werde ein solcher mittels eines «schwebenden», gebogenen Halbzylinders über einem «Kubus», der mit seiner gekrümmten Längsachse «auf zufällige Weise» zwischen dem offenen Raum des Campus und der nahegelegenen Ōkayama-Metrostation vermittle. Die Teile des Gebäudes seien als «fragmentierte räumliche Elemente» zu einem «Bündel von Beziehungen» zusammengesetzt, das «random Noise», ein verrauschtes Bild erzeuge: eine «typische Tokioter Stadtlandschaft».6

Hier interessiert weniger die städtebauliche Antwort und Gesamtkomposition der Centennial Hall als ein bislang völlig unbeachtetes Detail. Letztlich ist die gestisch wirkende «Entkoppelung» von Halbzylinder, Kubus, Treppenturm und Eingang etc. als Metapher für die damalige Metropole Tokio lesbar.

Beim Betreten des Gebäudes begegnen die Besuchenden aber zunächst einem Foyer, das sich durch seine inkonsistente räumliche Wirkung einer schnellen Erfassung entzieht. Über einem verwirrend trapezoiden Grundriss erheben sich an den Übergängen von transparenten und geschlossenen Raumbegrenzungen schräge Linien, welche die Wahrnehmung destabilisieren. Verständlich wird der Raum erst über die Bewegung; er ist durch den runden Treppenkern und zwei freistehende, sehr schlanke Stützen gegliedert. Über den Besuchenden schweben eine eindrückliche Lüftungsmaschinerie sowie Gangways für Wartung und Veranstaltungstechnik.

Vor allem die beiden mit Aluminium verkleideten Stützen haben es in sich – respektive «um sich»: Zwischen all der Technik erinnern sie an die für Tokio und andere asiatische Metropolen allgegenwärtigen freistehenden Pfosten für Strom und Telekommunikation. Die Szenerie der Pfosten in einem Gewirr von Drähten und Kabeln hat man eben noch auf dem Weg durch die Stadt durchwandert. Damit wird der öffentliche Innenraum von Centennial Hall zum Stadtraum; Besuchende traversieren eine intensivierte Stadtlandschaft. Darüber hinaus erinnern die Pfosten an die beiden Stützen in Tanikawa House.

Die Stadtlandschaft Tokios wird in den Innenraum gespiegelt; damit schliesst dieser zweite Teil des Essays inhaltlich auch an den ersten an. Den «Mechanismus» seines Entwurfs beschreibt Shinohara an anderer Stelle frappierend ähnlich «topologisch» wie Teiji Itō und seine Mitherausgeber in der erwähnten Ausgabe von Kenchiku bunka von 1963 die Stadtansichten von Rakuchū-rakugai:

«Between […] discrete parts, and in between the parts and the whole, [arises] a multifarious bundle of random relationships. There [is] no meaning of coherence attributed beforehand — no commemorative monumentality. But, instead, unanticipated, and diverse meanings — emerging between people and the overall space — [are] facilitated.»7

Emerging between people and the overall space: Das ist Architektur. Ihr Raum ist grundsätzlich durch ästhetische Erfahrung geprägt und wirkt durch seine Fragmentierung und die damit verbundene Tiefenwirkung besonders – diese Tautologie sei erlaubt – räumlich und vor allem, in einem phänomenalen Sinn, appellativ: Die einzelnen Architekturelemente «bewegen» sich parallaktisch mit der sich bewegenden Person mit, beginnen zu «sprechen», werden zu Darstellenden. Wie in den Landschaftsbildern von Cézanne gibt es hier keine wahrnehmbar parallelen Linien, keine Fluchtpunkte, an die sich das Auge halten kann und die einen bestimmten Standpunkt privilegieren. Betrachtende bewegen sich zwischen den Dingen wie Cézannes Blick. Die Funktion des Foyers tritt damit zurück, das Erleben von Zeit tritt in den Vordergrund: Shinohara setzte wörtlich das von Sigfried Giedion postulierte moderne Ganze von Raum, Zeit [und] Architektur um.

Ein solches Auslöschen der Funktion im verschränkten Akt von Bewegung und Sehen beschreibt der amerikanische Philosoph Graham Harman als Zeroing out, als einen dritten Weg zwischen phänomenaler Wahrnehmung und objektiver Beschreibung. Und er liefert in einem aktuellen Buch über Philosophie und Architektur auch eine eingängige Begriffsdefinition, die Shinoharas postulierten Gegensatz zwischen Erster und Dritter Person aufhebt: Nämlich eine Zero Person.

«After all, what is in question here, is not anyone’s accidental first-person experience of walking through the various parts of a building over the course of an hour or two, but an ideal sense in which the parts of a building are essentially spread out in time no less than in space.»8

Das hätte auch Shinohara so formulieren können. Mehr noch: In einem bemerkenswerten Satz verbindet Harman sein Konzept der Zero Person sogar mit dem Wahrnehmungsmodus von Paul Cézanne – und bringt damit genau das auf den Punkt, was wohl Shinohara umgetrieben haben muss. Harmans Charakterisierung der Wahrnehmung im architektonischen Raum erklärt auch, weshalb die vom Architekten Shinohara gelegte Spur der Leiter in Tanikawa House eigentlich zwingend zur enthobenen Perspektive der Stadtdarstellungen von Rakuchū rakugai führen muss:

«[T]he temporal experience of architecture is in fact «the house seen from everywhere» though substantialized or zeroed into an object that is something different from the house itself. It seems to give us the impossible: a God’s-eye view of the total being of a building.»9

Im japanischen Kontext drängt sich eine Analogie auf: Zero Person könnte auch jenes Zen-buddhistische Ideal verkörpern, das «mit dem Herzen sieht».10 Über den Umweg zeitgenössischer Philosophie lässt sich also einem Wesenskern der japanischen Ästhetik begegnen. Charakterisieren lässt er sich unter anderem mit dem Prinzip von Miegakure, das in etwa mit «Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit» oder «Auftauchen und Verschwinden» übersetzt werden kann.11 Letzteres entspricht demjenigen Effekt, der sich unter Bewegung im Erdgeschoss von Centennial Hall einstellt.

Miegakure offenbart sich nirgendwo deutlicher als in der fernöstlichen Gartenkunst: Die auf einem vorbestimmten Pfad befolgte Bewegung enthüllt Dinge nach und nach, jedoch nie ganz, stets in einem Spiel von Vorder- und Hintergrund. Diese Erfahrung ist genuin mit Bewegung verknüpft, und sie ist genuin räumlich – wiederum ähnlich jener Erfahrung von Dreidimensionalität bei Cézannes Bildern oder des urbanen Zusammenhangs bei Rackuchū rakugai.

Dort sind es gerade die Wolken, die ein Zeroing out herstellen: eine kunstgriffige Unterbrechung des Gesamtzusammenhangs: «To ‹zero› something means to subtract it from its relations.»12 Somit erscheint Rackuchū rakugai eigentlich als Paradox: Der Gesamtzusammenhang von «Kyōto und seinen Vorstädten» wird mutwillig aufgebrochen, nur um im Sinn des Zen-Buddhismus «mit dem Herzen» einen neuen, «leeren» Gesamtzusammenhang herzustellen.

Bei der Centennial HallA ergeben sich solche Effekte sowohl mit den sich immer wieder präsentierenden Ausschnitten von der Untersicht des Halbzylinders und der äusseren Treppe oder dem Vordach und den umgebenden Gebäuden als auch über das erinnerte Stadtganze, dessen infrastruktureller Hintergrund im Gebäude als technisches Fragment in Erscheinung tritt.13 Mehr noch: blickt man aus dem Mezzanin über dem Foyer durch die horizontal aussteifende Struktur, die Gangways und die Lüftungskanäle hindurch nach unten, so könnte dies auch der Blick durch die Wolken von Rackuchū rakugai sein. Das Geschehen «unten in der Stadt» wird immer wieder verdeckt und erscheint so auch unmittelbar in der Wahrnehmung fragmentiert – die Dinge werden voneinander entkoppelt, ihre sinnhaften Beziehungen werden visuell abgelöst, ästhetisiert, «subtrahiert». Der Blick, der hier sieht, wird Zero Person.

Afrika

Die vom ausgebildeten Mathematiker Shinohara mit der Leiter in Tanikawa House selbst angedeutete und in diesem Essay multiplizierte Hyperbel zwischen Cézanne und eigenem Werk erhält dort maximalen Schwung, wo sich die beiden Positionen im Begriff des «Primitiven» nahekommen. Cézanne bezeichnete sich im Geiste einer afrikanischen Kunstrezeption selbst als «primitiven» Künstler.14 Diese Selbstzuschreibung findet einen Widerhall bei Shinohara, wenn die Erfahrungen von Reisen durch Afrika Mitte der 1970er Jahre in den Dritten Stil und in seinen Essay Savage Space Machine von 1979 münden.15 Der hier wohl namengebende Buchtitel von Claude Lévi-Strauss, Das Wilde Denken,16 wurde zwar erst 1976 ins Japanische übersetzt, doch ist anzunehmen, dass Shinohara das Attribut «wild» via Kōji Taki schon zuvor kennengelernt hatte: Die Themen «Dschungel» und «Wildheit» kamen bei House in Uehara kurz zuvor auf. Vermutlich waren seit 1972 mehrere Reisen nach Afrika als Recherchen angelegt, höchstwahrscheinlich auch zu Lévi-Strauss’ Wildem Denken; im Herbst 1975 brachte der Architekt diesbezüglich aber wenig Verwertbares zurück nach Japan.17 Doch erfolglos war die ferne Suche nicht – im Gegenteil: Im Artikel The Third Style von 1977 schildert Shinohara eine Epiphanie:

 «Then about ten meters below, I see a writhing black mass. Inadvertently, I had come upon some ten young men bathing. […] Black bodies, the solid curvature of black hands, feet, heads and groins seemed to move in waves, as sheets of falling water tangled against this blackness. Just beyond the concrete wall of the uncovered shower area lay the Gold Coast. The most deeply characteristic of African spaces may never be an actual building or a streetscape […]. Instead, it comprises the inhabitants themselves.»18

Dieser «afrikanische Raum» wird bis zum Schluss eine Inspiration bleiben. Er ist als ein physisch erlebbares Komposit aus menschlichen Körpern, Landschaft und Artefakten zu verstehen – als jener Raum, den Shinohara in seinem letzten auf Englisch veröffentlichten Aufsatz 2004 als Street With Human Shadows bezeichnet.19 Der Text ist das Transkript eines Vortrags, den der Architekt anlässlich der gleichnamigen monografischen Ausstellung in Kitakyūshū hielt; ausgestellt waren Reisebilder aus der ganzen Welt, die nahezu ohne Ausnahme belebte Strassenszenen zeigen.

Shinoharas Blick durch die Kamera ist teleskopisch und intim zugleich; alle Bilder scheinen eine Art Verbindung zwischen den Gestalten «menschlicher Schatten» und den sie umgebenden Räumen ausloten oder suggerieren zu wollen. Sie wirken, als ob die abgebildeten Menschen eben gerade ihre Umgebung in einem biologischen Sinn «hergestellt» hätten oder aus dieser wie nach Verpuppung hervorgegangen wären. Ein Bedeutungs-Unterschied zwischen menschlichen Akteuren als Vordergrund und Architektur als Hintergrund ist in der schieren Alltäglichkeit dieser Szenen nicht auszumachen. Alles erscheint hierarchisch auf derselben Ebene – nicht unähnlich dem erwähnten japanischen oder chinesischen Garten: Aus der Bewegung erscheinen Dinge – Gebäude, Menschen –, geben etwas von sich preis, werden gegen andere Dinge verschoben, verschwinden aus dem Gesichts- und Wahrnehmungsfeld.

Diesen vorurteilslosen, distanzierten und zugleich engagierten Blick verdichtet Shinohara in seinem letzten Text zu einem Bild, das man nun auch als luzide Überführung des Raums von Rakuchū rakugai in das 20. Jahrhundert verstehen kann:

«The year was 1972, on the approach to Heathrow airport on an Aeroflot flight via Moscow. Coming into the airport at a low altitude, I glanced out the window and encountered what was probably a residential area of London, with not particularly wide streets filling my sight, trees lining the streets, and a number of people walking. It was my first trip overseas. At that moment I took away a marvelous scene that's hard to express in words: This is a town, this is a place people live.»20

Über Shinoharas gewissermassen anthropologischen wie ästhetischen Blick fallen menschliche Tätigkeit und Stadt in eins. Und mit der nun expliziten Bedeutungsverschiebung von der Architektur hin zur Stadt wird auch die ganz zum Anfang des ersten Teils dieses Essay postulierte Dialektik zwischen phänomenalem und cartesischem Raum aufgehoben.

1973, ein Jahr nach der ersten Afrikareise, vollzieht Shinohara einen markanten stilistischen Bruch: Zwischen House in Higashi-Tamagawa mit seinem gassen- oder schluchtenartigen Innenraum und House in Seijo mit dem zeltartigen Dach liegen ausdrucksmässig und inhaltlich Welten. 1973 ist auch das Jahr, in dem Shinohara bezüglich seiner eigenen Arbeit erstmals von «Stilen» spricht, und auch wenn House in Seijo vom Architekten noch dem Zweiten Stil zugerechnet wird, so liegt es näher bei den philosophisch-anthropologisch grundierten Entwürfen des Dritten Stils (der gemäss dem Architekten mit Tanikawa House beginnt).21

Im Zweiten Stil oder «Antistil» Shinoharas scheint das architektonische Objekt ein minimalistisch-maschinelles, «kaltes» Anderes gewesen zu sein, ein abstraktes und flächiges «Kunstwerk», das nach eigenen, euklidisch-geometrischen Regeln einen Raum aufspannt, der – obwohl einer urbanen Szenerie nachempfunden – letztlich idealisiert, entfremdet und menschenleer wirkt. Beginnend mit dem «Dritten Stil», mit Prism House, Tanikawa House und House in Uehara sowie spätestens mit Centennial Hall wird dieser Raum durch menschliche Figuren belebt, die sich zwischen gegenständlich artikulierten Dingen wie Stützen, Balken und Windrispen bewegen. Durch eine solche transversale Bewegung wird der Raum gewissermassen gekrümmt, er beginnt zu schwingen, fluktuiert, wird «heiss». Shinoharas «Architekturmaschine» funktioniert ab da eher wie ein Algorithmus oder eine Künstliche Intelligenz, die uns und der Stadt, in der wir leben, immer ähnlicher werden – auch wenn die Geometrie nach wie vor Konstituierende in den Entwürfen bleibt.

Raum als Metapher von fluktuierenden Systemen

Damit und zum Schluss ergibt sich erneut ein interessanter Bezug zum bereits erwähnten Künstler Katsushika Hokusai (1760–1849): Dessen seriell hergestellten Holzdrucke leben von einer komplexen Kombinationen einfacher geometrischer Figuren, die durch Komposition, zeichnerische Überformung und Farbe alles Maschinelle des Herstellungsprozesses ablegen.22 Es ist sehr gut möglich, dass Shinohara die bereits im Zusammenhang mit Paul Cézanne erwähnten Lehrbuch-SkizzenF von Hokusai kannte und sich insgeheim auf diese bezog, wenn er den späteren Entwürfen seines Vierten Stils geometrische Grundformen zugrunde legte.

So wie bei Hokusai der Gegensatz zwischen Kompositions- und Herstellungsverfahren und belebtem Ausdruck verschwindet, so löst sich bei Shinohara nach Tanikawa House auch der apodiktisch konstruierte Gegensatz zwischen Erster und Dritter Person, zwischen Leben und Architektur auf. Letztere behält zwar als künstlerisch hergestelltes Artefakt ihre ureigene geometrische Regelhaftigkeit oder Autonomie, ist klar markiert als ein Anderes, das emotionale Wirkungen für Menschen konstruiert. Und doch gleichen die letzten Entwürfe Shinoharas weniger entfremdeten Maschinen als von uns gemachten, aus der Stadt selbst hervorgehenden, animistischen Gegenständen. Sie sind eigentliche Fetische, die wir uns zur Seite gesellen.

Über eine solche mehr ereignis- als symbolhafte Metaphorisierung der Stadt sind Shinoharas architektonische Objekte darum nicht im modernistischen Sinn als herausfordernde Kontraste zu verstehen: Sie erscheinen in der Stadt ohne die im Westen üblichen Unterscheidungen zwischen Hinter- und Vordergrund, Tradition und Fortschritt, Natur und Kultur oder eben Mensch und Maschine. Shinoharas architektonische Objekte sind materiell wie bedeutsam in unsere alltägliche und phänomenale Lebenswelt eingebettet – ebenso, wie wir darin mit dem Leib eingetaucht sind.

Kazuo Shinoharas Blick auf Architektur und Stadt ist immer zuerst ein ästhetischer, er ist piktorial und performativ zugleich. Er nährt sich anfangs bildhaft und später konzeptionell von Anleihen bei der traditionellen Architektur und Kunst wie Rakuchū rakugai, bei der europäischen Malerei sowie der zeitgenössischen Fotografie; ab dem Dritten Stil folgt er Begriffen aus Philosophie, Mathematik, Chemie und Physik. Gerade letztere gibt entscheidende Impulse: Mitte der 1980er Jahre erhält zum Beispiel der Begriff des «Chaos» eine explizite Bedeutung durch wissenschaftliche Publikationen, etwa des Nobelpreisträgers für Chemie, Ilya Prigogine. Wenn in diesem Text im Zusammenhang mit der Centennial Hall von einem «fluktuierenden» Raum die Rede war, dann sind damit auch jene «emergierenden» Phänomene mitgemeint, die durch die Chaostheorie der 1980er und 1990er Jahre beschrieben wurden und diese populär machten: Etwa wenn sich Schwankungen in nicht-linearen Systemen zu stabilen Strukturen verstetigen – wie in der Strömungsdynamik, in elektronischen Schaltkreisen, aber auch in Ökosystemen und in der Wirtschaft.

Am Vorabend des 21. Jahrhunderts meinte Shinohara solche nicht-linearen Phänomene auch in Tokio zu erkennen. Ein von ihm immer wieder bemühtes Beispiel ist die berühmte Shibuya-Kreuzung, bei der die Menschenmassen zwischen elektronischen Billboards und kurzlebiger Architektur «fluktuieren» und dabei gleichzeitig eine stabile Kultur der Metropole verkörpern.

Somit ist auch der architektonische Raum als ein nicht-lineares System verständlich – nicht-linear darf wörtlich verstanden werden –; in ihm, mit ihm und durch ihn aggregieren und verstärken sich menschliche Handlungen, hervorgehend aus einer kulturellen Praxis und diese gleichzeitig stabilisierend. Das trifft auch auf das architektonische Objekt zu; es emergiert aus dem kulturellen Hintergrund der Stadt. Der urbane Raum, der zwischen diesen Objekten fluktuiert, ist weich und unscharf, topologisch: Er geht aus unzähligen Einzelperspektiven hervor wie der kontinuierliche und elastische Bildraum von Cézanne, der durch die virtuelle Bewegung in einer abgebildeten Landschaft im Auge der Betrachtenden erscheint.23 Dieser Raum ist Erste und Dritte Person zugleich: eben Zero Person.

Cézannes Leiter zurück in Europa

Mit dieser abschliessenden Folgerung lohnt ein letzter Blick auf Rakuchū rakugai, sozusagen vom Kopf der Leiter des 21. Jahrhunderts aus. Die dargestellten, kleinen Szenen zwischen Wolken scheinen so vergänglich wie ewig, sie fluktuieren bei gleichzeitiger Stasis in der Stadt: Sie erzeugen trotz ihrer Fixierung auf dem Bildträger in der Gesamtheit eine vibrierende Lebendigkeit. Eine Lebendigkeit wohlgemerkt des zeitlosen Moments, der Leere, der auch heute noch und real zwischen menschlichen Gestalten und architektonischen Objekten überall und immer wieder in Tokio begegnet werden kann. Diese buddhistische Leere ereignet sich überall dort, wo der ästhetische Blick zwischen erlebtem und objektiviertem, oder besser: virtuellem Raum fluktuiert.

Mit dieser erlebbaren Leere stellt sich vielleicht zuletzt die Frage nach der im ersten Teil dieses Essays postulierten «Urbanität» von Tanikawa House – denn die Residenz des Dichters Shuntarō Tanikawa steht in einem Waldstück, weit ab vom städtischen Ort, wo sie bestellt und erdacht worden ist. Eine mögliche Antwort gibt eben nun jene Leiter im Sommer-Raum; sie ermöglicht nach den «urbanen» Projekten von Shinoharas Zweitem Stil virtuell vielleicht jenen objektivierten oder nach dem Philosophen Graham Harman gottesgleichen Blick von oben, der eine Ahnung auf den eben beschriebenen, sich stets wandelnden und fluktuierenden, topologischen Raum zwischen architektonischen Objekten in der Stadt vermittelte. Auf dem abschüssigen Boden zeigt sie zudem das für ein urbanes Leben typische Moment der Unsicherheit schlechthin, vielleicht im Gegensatz zum zeltartig beschützenden Dach darüber und auch zur behaglichen Pioneer Cabin nebenan.

Vom Gebrauch der Leiter rät der heutige Hausherr ab, und so bleibt sie erst einmal eine reine Denkfigur. Auch wenn die «Kirche für einen Pantheisten» nur mittelbar als ein städtischer Raum verstanden werden kann, so ist das Haus des Dichters doch ein sehr urbaner Ort, am besten vergleichbar mit einer Edo-zeitlichen Samurai-Residenz, in der sich höfische und ländliche Gebräuche begegnen, oder einer für das heutige Japan so typischen Kunst-Location auf dem Land, idyllisch gelegen über einem wilden Tal und mitten im Wald. In einem gewissen Sinn ist im Sommerraum von Tanikawa House nicht nur der (westliche) Gegensatz von Haus- und Stadtraum aufgehoben, sondern auch derjenige von Stadt und Natur: Die schiefe Ebene und den Raum, den diese aufspannt, verstand Shinohara als eine stets gleich behandelbare, mathematisch-topologische Bedingung für Architektur – sei diese nun städtisch oder landschaftlich geprägt.24

Wenn die Leiter in Tanikawa House nicht erklommen werden darf, so lässt sich die eben beschriebene Verschränkung von Erleben und Entrückung doch seit Kurzem direkt nachvollziehen, sogar in Europa und in nuce: nämlich im 2022 von Tokio auf den Vitra-Campus nach Weil am Rhein versetzten Umbrella HouseG, das im Werk von Kazuo Shinohara einen ähnlich wichtigen Wendepunkt markiert wie Tanikawa House.25 Klettert man auf dessen Leiter über die Höhe des den Raum symbolisch teilenden Binderkreuzes hinaus, so präsentiert sich das Wohnzimmer darunter plötzlich «wie aus dem Flugzeugfenster»: Unter dem regenschirmartigen Dach ist man darin nicht mehr leiblich eingetaucht, sondern enthoben oder sogar entrückt. Dabei verdeckt das Binderkreuz wie die Struktur in Centennial Hall Teile der sich darunter präsentierenden Szenerie. Der Weg von der phänomenalen Ersten Person Einzahl zur virtuellen Dritten Person ist damit tatsächlich äusserst kurz und einfach: Über gerade mal elf Sprossen klettert Zero Person in einem theatralischen Akt vom «Ich» seiner häuslichen Welt zum «Es» der Stadt.

Bibliografie:  

  • Bonnin, Philippe, Nishida Masatsugu, Inaga Shigemi, Vocabulaire de la spatialité japonaise, Paris 2012. 
    Dehli, Christian, Grolimund, Andrea (Hg.), Kazuo Shinohara: The Umbrella House Project, Weil am Rhein 2022. 
  • Fala Atelier (Hg.),1961–1992 Japan, Sammlung japanischer Häuser, Porto 2021. 
  • Harman, Graham, Architecture and Objects, Minneapolis 2022. 
  • Itō, Teijii, Yukio Futagawa, Nihon no minka, Tokio 1955. 
  • Kuan. Seng (Hg.): Kazuo Shinohara. Traversing The House and the City, Zürich 2021, S. 229. Original japanisch «ModanNekusuto he no messēji: toshi, kaosu, kassei», in: Kenchiku bunka, Nr. 504 (Oktober 1988), S. 30–39. 
  • Kisa Decor (Hg.), Seminar Series Nr. 1, «Housing and the City: Koji Taki Dialogue Collection, Conversations with four designers», Heft 3, 1975.  
  • Lévi-Strauss, Claude, Das wilde Denken, Frankfurt a.M. 1973; japanisch Yasei no shikō, Tokio 1976. 
  • Massip-Bosch, Enric, Emotion Devices. The Role of Concrete Frame Structures in the Architecture of Kazuo Shinohara, Barcelona 2015.
  • Shinohara, Kazuo, «Ragyō no kūkann no ōdan suru toki», in: Shinkenchiku, Tokyo, Oktober 1975, S. 158–163. Englische Übersetzung: Kazuo Shinohara, «When Naked Space is Traversed», in: JA The Japan Architect, Februar 1976, S. 69. 
  • Shinohara, Kazuo «The Savage Machine as an Exercise», in: The Japan Architect, März 1979. 
  • Shinohara, Kazuo, «Chaos and Machine», in: The Japan Architect 5–1988, S. 25–32. 
  • Shinohara, Kazuo, Shinohara Kazuo, Tokio 1996. 
  • Shinohara, Kazuo Street With Human Shadows, Bd. 1, Kitakyūshū 2004. 
  • Smith, Paul, «Cézanne’s ‹Primitive› Perspektive or the ‹View from Everywhere›», in: The Art Bulletin, 1–2013, S. 102–119. 
  • Stewart, David B., «Kazuo Shinohara’s Three Spaces of Architecture and his First and Second Style”, in: Kazuo Shinohara: Casas Houses, 2G 58/59, Barcelona 2011. 
  • Tanaka, Hidemichi, «Cézanne and ‹Japonisme›», in: Artibus et Historiae, 2001, Band 22, Jg. 44, S. 201–220.

Folge der Leiter!

25.4.2024

Teil 2: Shinohara, Tokio und die Verheissung menschlicher Schatten

«Die Entdeckung neuer Möglichkeiten, wie 'Dinge sein können', entwickelt sich zu einer Untersuchung der Beziehungen zwischen den Dingen selbst sowie zwischen Menschen und Dingen. Dies ist der Ausgangspunkt für die Entdeckung von Raum.»

Kazuo Shinohara, 1971

Kenchika Bunka No. 206.

1 Itō 1955.

2 Vgl. Fala 2021.


Bis in die 1960er Jahre war in Japan Städtebau als gestaltende Praxis kaum ein Thema. In den Zeitschriften werden zumeist einzelne Gebäude vorgestellt, vornehmlich Wohnhäuser, dann auch öffentliche Bauten. Immer ist der Beschrieb technisch-sachlich, es werden Fragen der Konstruktion und des Ausdrucks behandelt. 1961 widmet das Magazin Kenchika Bunka dem Städtebau eine erste Nummer, die sich von der Konvention entfernt: Im November 1961 also, kurz nach der Proklamation des metabolistischen Manifests durch Kenzo Tange (1913–2005), Kiyonori Kikutake (1928–2011), Kisho Kurokawa (1934–2007) und andere, wird erstmals die Stadt als System anhand von internationalen Beispielen besprochen. Wichtiger Hintergrund ist die 1958 erfolgte Bewerbung Tokios für die Olympischen Sommerspiele 1964; der Zugriff auf das Thema Städtebau erscheint nach wie vor technisch, didaktisch und aber auch weit von der japanischen Realität entfernt.

Sehr anders dann die Sonderausgabe Nr. 206 («Japanischer Stadtraum») im Dezember 1963. Sie setzte ein völlig neues Paradigma. Es ist nicht schwierig, sich vorzustellen, wie der junge Architekt Kazuo Shinohara die Seiten durchblättert, alle Artikel aufmerksam liest und dabei insgeheim ein eigenes Forschungsprogramm wohl für die nächsten 40 Jahre entwirft.

Urban Turn bei Shinohara

Verantwortet wurde die Ausgabe unter anderem durch den Architekturhistoriker und -kritiker Teiji Itō (1922–2010). Itō arbeitete in den späten 1950er Jahren mit dem Architekturfotografen Yukio Futagawa (1932–2013) und gab mit ihm die sowohl für Japan wie den Westen einflussreiche Heftreihe Nihon no Minka heraus – Das japanische Minka[-Bauernhaus].1 Itō war auch einer der wenigen japanischen Architekten, die im Westen als Vermittler seiner Kultur auftraten. So war er Gastprofessor an der University Washington in den USA, eine Tätigkeit, die ihm sicher in Japan einiges an Prestige einbrachte.

Das Sonderheft über die Stadt gliedert sich in eine am Metabolismus orientierte Einleitung und Übersicht zum Thema, gefolgt von einer Reihe klar abgegrenzter Kapitel. Insbesondere die ersten drei sind mit ihren Titeln «Priciples of Space Order», «Method of Space Composition» und «Affector in Urban Space» eine weit ausgreifende Beschreibung verschiedener urbaner Phänomene – und erscheinen damit geradezu als das Gegenteil sowohl des metabolistischen Blicks der Einleitung als auch des gewohnt technokratischen Zugriffs. Die Kapitelnamen könnten auch Titel von Aufsätzen Shinoharas sein. Der phänomenologische Zugriff wird durch die Bildauswahl verstärkt.

Es werden viele belebte Strassenszenen gezeigt, teils fotografisch aus wenigen nach dem 2. Weltkrieg noch erhaltenen alten Stadtteilen oder aus Dörfern. Die Fotos werden begleitet durch Reproduktionen von bemalten Wandschirmen, Schriftrollen oder Holzdrucken. Es kann kein Zufall sein, dass Shinohara als frisch berufener Assistenzprofessor am Tokyo Institute of Technology (TIT, heute Toyko Tech) etwa ab dieser Zeit ausgerechnet in alten Poststationen entlang der fünf kaiserlichen Wege (sogenannte «Poststädte», Shukuba-eki) zu forschen begann und ab 1966 mit Publikationen auch akademisch sichtbar wurde.

Die phänomenologisch und morphologisch geprägte Sicht auf die japanische Stadt hat mehr die Architektur als den Städtebau verändert. Letzterer blieb weitgehend dem Zugriff der Architekturschaffenden entzogen und den Kräften von Kapital und Verwaltung überlassen, welche die Stadt eher unter den Aspekten von Brandschutz, Infrastruktur und Steuererhebung planten und optimierten. Und so scheint es geradezu folgerichtig, dass urbane Phänomene von der Architektur verinnerlicht wurden. Ein Beispiel etwa für traditionell typische städtische Räume, die gerne als Motiv übernommen wurden, sind die oftmals engen Gassen, sogenannte Rōji. Transformiert zu «urbanen» Innenräumen finden sie sich zuerst bei Hiroshi Hara (1967, Ito House) und Shinohara, später dann auch bei Takamitsu Azuma, Kazunari Sakamoto, Toyō Itō und anderen.2

Der «Urban Turn» erfolgt bei Shinohara um 1968 mit South House in Hanayama, bei dem ein Rōji- und spaltartiger Bewegungsraum wichtige Bereiche im Haus verbindet. Er mündet in den Zweiten Stil des Architekten mit Häusern, dessen stilbildende Raumdramaturgie sich dialektisch zwischen dramatisch-vertikalen Bewegungs- und gekammert-ruhigen Wohnräumen bewegt. Der genaue Grund für Shinoharas urban-mimetisches Entwerfen ist nicht geklärt.

Nächtliche Streifzüge durch Haus- und Stadträume: Kōji Takis Blick auf das Innere von Shinoharas Repeating Crevice (1971) – ©Kōji Taki, courtesy of The Kazuo Shinohara Estate at Tokyo Tech
Besichtigung im Urban Jungle von House in Uehara – ©Kiyoji Otsuji
01 | 03
Nächtliche Streifzüge durch Haus- und Stadträume: Kōji Takis Blick auf das Innere von Shinoharas Repeating Crevice (1971) – ©Kōji Taki, courtesy of The Kazuo Shinohara Estate at Tokyo Tech

3 Kisa Decor 1975.

4 Shinohara 1975, S. 158–163.

5 Vgl. Shinohara 1976, S. 24.

6 Shinohara 1988, S. 28.

In einem Gespräch Shinoharas von 1975 mit dem befreundeten Philosophen, Hobbyfotografen und Publizisten Kōji Taki (1928–2011) über die Bedeutung der Stadt in den eigenen Entwürfen verschliesst sich der Architekt einer Antwort. Das Interview ist dennoch aufschlussreich, denn Taki leistet die Deutungsarbeit: Er spricht von einem «feeling of town» oder «image of the city», einer «original landscape of humanity», und er schliesst, «the city in the metaphysical sense […] becomes visible in [Shinohara’s] residences».3

Es ist bezeichnend, dass Shinohara sich zwar bis zu diesem Interview eingehend ästhetisch und analytisch mit der Stadt auseinandergesetzt hat und im Zusammenhang mit Tanikawa House sogar allgemein von der Strasse als einer «transversal cross-Section» durch eine Stadt spricht, – doch weder im entsprechenden Essay noch im erwähnten Interview möchte er ein solches Phänomen direkt auf seine Entwürfe übertragen.4 Das Gespräch zwischen Taki und Shinohara erscheint aus westlicher Sicht wie ein bizarres Aneinandervorbeireden. Doch mit einem Blick auf Shinoharas spätere Theorie wirkt es wie die Eröffnung einer Schachpartie, ein taktisches Herantasten an eine mögliche neue theoretische Position. Kurz nach Erscheinen des Interviews wird Shinohara mit House in Uehara einen Entwurf vorstellen, dessen Innenraum er selbst als Urban Jungle charakterisiert.5

Fragmentierter Raum und Zero Person

House in Uehara kann als eine Vorwegnahme auf den Vierten Stil Shinoharas gesehen werden, bei dem die Vitalität und das Chaos Tokios zum alles überformenden Entwurfsthema werden. Das Vorspiel gibt 1985 das eigene, kleine House in Yokohama, das etwa zur selben Zeit entsteht wie das viel grössere und aufsehenerregende Projekt für die Centennial Hall des Tokyo Institute of Technology (1987), die nach dem Jubiläum 1981 der Hochschule als Ausstellungs- und Konferenzgebäude konzipiert worden war.

Shinohara versteht die Centennial Hall als eine «Architekturmaschine», die einen «Dialog zwischen Campus und Stadt» etabliert. Erreicht werde ein solcher mittels eines «schwebenden», gebogenen Halbzylinders über einem «Kubus», der mit seiner gekrümmten Längsachse «auf zufällige Weise» zwischen dem offenen Raum des Campus und der nahegelegenen Ōkayama-Metrostation vermittle. Die Teile des Gebäudes seien als «fragmentierte räumliche Elemente» zu einem «Bündel von Beziehungen» zusammengesetzt, das «random Noise», ein verrauschtes Bild erzeuge: eine «typische Tokioter Stadtlandschaft».6

Hier interessiert weniger die städtebauliche Antwort und Gesamtkomposition der Centennial Hall als ein bislang völlig unbeachtetes Detail. Letztlich ist die gestisch wirkende «Entkoppelung» von Halbzylinder, Kubus, Treppenturm und Eingang etc. als Metapher für die damalige Metropole Tokio lesbar.

Fragmentierte räumliche Elemente, ein Bündel von Beziehungen, Random Noise: Kazuo Shinoharas Centennial Hall zwischen autonomem Objekt und Auflösung im Weichbild der Stadt – © Tomio Ohashi
Intensivierte Stadtlandschaft: Centennial Hall aus der Perspektive einer noch heute für Tokio typischen Stadtlandschaft – © Tomio Ohashi
Kazuo Shinohara, TIT Centennial Hall, 1987 – © Carlo Fumarola
Kazuo Shinohara, TIT Centennial Hall, 1987 – © Carlo Fumarola
Kazuo Shinohara, TIT Centennial Hall, 1987 – © Carlo Fumarola
Kazuo Shinohara, TIT Centennial Hall, 1987, plan – © The Kazuo Shinohara Estate at Tokyo Tech
Kazuo Shinohara, TIT Centennial Hall, 1987, plan – © The Kazuo Shinohara Estate at Tokyo Tech
Kazuo Shinohara, TIT Centennial Hall, 1987, plan – © The Kazuo Shinohara Estate at Tokyo Tech
Kazuo Shinohara, TIT Centennial Hall, 1987, section – © The Kazuo Shinohara Estate at Tokyo Tech
01 | 10
Fragmentierte räumliche Elemente, ein Bündel von Beziehungen, Random Noise: Kazuo Shinoharas Centennial Hall zwischen autonomem Objekt und Auflösung im Weichbild der Stadt – © Tomio Ohashi

Centennial Hall

7 Kuan 2021, S. 229.

8 Harman 2022, S. 68.

9 Ebd., S. 157.

10 Bonnin 2012, S. 330.

11 Ebd., S. 329–331.

12 Harman 2022, S. 68.

13 Vgl. Massip-Bosch 2015.

14 Smith 2013.

15 Shinohara 1979.

16 Lévi-Strauss 1973.

17 Shinohara 1976.

18Steward 2011, S. 262.

19 Shinohara 2004.

Beim Betreten des Gebäudes begegnen die Besuchenden aber zunächst einem Foyer, das sich durch seine inkonsistente räumliche Wirkung einer schnellen Erfassung entzieht. Über einem verwirrend trapezoiden Grundriss erheben sich an den Übergängen von transparenten und geschlossenen Raumbegrenzungen schräge Linien, welche die Wahrnehmung destabilisieren. Verständlich wird der Raum erst über die Bewegung; er ist durch den runden Treppenkern und zwei freistehende, sehr schlanke Stützen gegliedert. Über den Besuchenden schweben eine eindrückliche Lüftungsmaschinerie sowie Gangways für Wartung und Veranstaltungstechnik.

Vor allem die beiden mit Aluminium verkleideten Stützen haben es in sich – respektive «um sich»: Zwischen all der Technik erinnern sie an die für Tokio und andere asiatische Metropolen allgegenwärtigen freistehenden Pfosten für Strom und Telekommunikation. Die Szenerie der Pfosten in einem Gewirr von Drähten und Kabeln hat man eben noch auf dem Weg durch die Stadt durchwandert. Damit wird der öffentliche Innenraum von Centennial Hall zum Stadtraum; Besuchende traversieren eine intensivierte Stadtlandschaft. Darüber hinaus erinnern die Pfosten an die beiden Stützen in Tanikawa House.

Die Stadtlandschaft Tokios wird in den Innenraum gespiegelt; damit schliesst dieser zweite Teil des Essays inhaltlich auch an den ersten an. Den «Mechanismus» seines Entwurfs beschreibt Shinohara an anderer Stelle frappierend ähnlich «topologisch» wie Teiji Itō und seine Mitherausgeber in der erwähnten Ausgabe von Kenchiku bunka von 1963 die Stadtansichten von Rakuchū-rakugai:

«Between […] discrete parts, and in between the parts and the whole, [arises] a multifarious bundle of random relationships. There [is] no meaning of coherence attributed beforehand — no commemorative monumentality. But, instead, unanticipated, and diverse meanings — emerging between people and the overall space — [are] facilitated.»7

Emerging between people and the overall space: Das ist Architektur. Ihr Raum ist grundsätzlich durch ästhetische Erfahrung geprägt und wirkt durch seine Fragmentierung und die damit verbundene Tiefenwirkung besonders – diese Tautologie sei erlaubt – räumlich und vor allem, in einem phänomenalen Sinn, appellativ: Die einzelnen Architekturelemente «bewegen» sich parallaktisch mit der sich bewegenden Person mit, beginnen zu «sprechen», werden zu Darstellenden. Wie in den Landschaftsbildern von Cézanne gibt es hier keine wahrnehmbar parallelen Linien, keine Fluchtpunkte, an die sich das Auge halten kann und die einen bestimmten Standpunkt privilegieren. Betrachtende bewegen sich zwischen den Dingen wie Cézannes Blick. Die Funktion des Foyers tritt damit zurück, das Erleben von Zeit tritt in den Vordergrund: Shinohara setzte wörtlich das von Sigfried Giedion postulierte moderne Ganze von Raum, Zeit [und] Architektur um.

Ein solches Auslöschen der Funktion im verschränkten Akt von Bewegung und Sehen beschreibt der amerikanische Philosoph Graham Harman als Zeroing out, als einen dritten Weg zwischen phänomenaler Wahrnehmung und objektiver Beschreibung. Und er liefert in einem aktuellen Buch über Philosophie und Architektur auch eine eingängige Begriffsdefinition, die Shinoharas postulierten Gegensatz zwischen Erster und Dritter Person aufhebt: Nämlich eine Zero Person.

«After all, what is in question here, is not anyone’s accidental first-person experience of walking through the various parts of a building over the course of an hour or two, but an ideal sense in which the parts of a building are essentially spread out in time no less than in space.»8

Das hätte auch Shinohara so formulieren können. Mehr noch: In einem bemerkenswerten Satz verbindet Harman sein Konzept der Zero Person sogar mit dem Wahrnehmungsmodus von Paul Cézanne – und bringt damit genau das auf den Punkt, was wohl Shinohara umgetrieben haben muss. Harmans Charakterisierung der Wahrnehmung im architektonischen Raum erklärt auch, weshalb die vom Architekten Shinohara gelegte Spur der Leiter in Tanikawa House eigentlich zwingend zur enthobenen Perspektive der Stadtdarstellungen von Rakuchū rakugai führen muss:

«[T]he temporal experience of architecture is in fact «the house seen from everywhere» though substantialized or zeroed into an object that is something different from the house itself. It seems to give us the impossible: a God’s-eye view of the total being of a building.»9

Im japanischen Kontext drängt sich eine Analogie auf: Zero Person könnte auch jenes Zen-buddhistische Ideal verkörpern, das «mit dem Herzen sieht».10 Über den Umweg zeitgenössischer Philosophie lässt sich also einem Wesenskern der japanischen Ästhetik begegnen. Charakterisieren lässt er sich unter anderem mit dem Prinzip von Miegakure, das in etwa mit «Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit» oder «Auftauchen und Verschwinden» übersetzt werden kann.11 Letzteres entspricht demjenigen Effekt, der sich unter Bewegung im Erdgeschoss von Centennial Hall einstellt.

Miegakure offenbart sich nirgendwo deutlicher als in der fernöstlichen Gartenkunst: Die auf einem vorbestimmten Pfad befolgte Bewegung enthüllt Dinge nach und nach, jedoch nie ganz, stets in einem Spiel von Vorder- und Hintergrund. Diese Erfahrung ist genuin mit Bewegung verknüpft, und sie ist genuin räumlich – wiederum ähnlich jener Erfahrung von Dreidimensionalität bei Cézannes Bildern oder des urbanen Zusammenhangs bei Rackuchū rakugai.

Dort sind es gerade die Wolken, die ein Zeroing out herstellen: eine kunstgriffige Unterbrechung des Gesamtzusammenhangs: «To ‹zero› something means to subtract it from its relations.»12 Somit erscheint Rackuchū rakugai eigentlich als Paradox: Der Gesamtzusammenhang von «Kyōto und seinen Vorstädten» wird mutwillig aufgebrochen, nur um im Sinn des Zen-Buddhismus «mit dem Herzen» einen neuen, «leeren» Gesamtzusammenhang herzustellen.

Bei der Centennial Hall ergeben sich solche Effekte sowohl mit den sich immer wieder präsentierenden Ausschnitten von der Untersicht des Halbzylinders und der äusseren Treppe oder dem Vordach und den umgebenden Gebäuden als auch über das erinnerte Stadtganze, dessen infrastruktureller Hintergrund im Gebäude als technisches Fragment in Erscheinung tritt.13 Mehr noch: blickt man aus dem Mezzanin über dem Foyer durch die horizontal aussteifende Struktur, die Gangways und die Lüftungskanäle hindurch nach unten, so könnte dies auch der Blick durch die Wolken von Rackuchū rakugai sein. Das Geschehen «unten in der Stadt» wird immer wieder verdeckt und erscheint so auch unmittelbar in der Wahrnehmung fragmentiert – die Dinge werden voneinander entkoppelt, ihre sinnhaften Beziehungen werden visuell abgelöst, ästhetisiert, «subtrahiert». Der Blick, der hier sieht, wird Zero Person.

Afrika

Die vom ausgebildeten Mathematiker Shinohara mit der Leiter in Tanikawa House selbst angedeutete und in diesem Essay multiplizierte Hyperbel zwischen Cézanne und eigenem Werk erhält dort maximalen Schwung, wo sich die beiden Positionen im Begriff des «Primitiven» nahekommen. Cézanne bezeichnete sich im Geiste einer afrikanischen Kunstrezeption selbst als «primitiven» Künstler.14 Diese Selbstzuschreibung findet einen Widerhall bei Shinohara, wenn die Erfahrungen von Reisen durch Afrika Mitte der 1970er Jahre in den Dritten Stil und in seinen Essay Savage Space Machine von 1979 münden.15 Der hier wohl namengebende Buchtitel von Claude Lévi-Strauss, Das Wilde Denken,16 wurde zwar erst 1976 ins Japanische übersetzt, doch ist anzunehmen, dass Shinohara das Attribut «wild» via Kōji Taki schon zuvor kennengelernt hatte: Die Themen «Dschungel» und «Wildheit» kamen bei House in Uehara kurz zuvor auf. Vermutlich waren seit 1972 mehrere Reisen nach Afrika als Recherchen angelegt, höchstwahrscheinlich auch zu Lévi-Strauss’ Wildem Denken; im Herbst 1975 brachte der Architekt diesbezüglich aber wenig Verwertbares zurück nach Japan.17 Doch erfolglos war die ferne Suche nicht – im Gegenteil: Im Artikel The Third Style von 1977 schildert Shinohara eine Epiphanie:

 «Then about ten meters below, I see a writhing black mass. Inadvertently, I had come upon some ten young men bathing. […] Black bodies, the solid curvature of black hands, feet, heads and groins seemed to move in waves, as sheets of falling water tangled against this blackness. Just beyond the concrete wall of the uncovered shower area lay the Gold Coast. The most deeply characteristic of African spaces may never be an actual building or a streetscape […]. Instead, it comprises the inhabitants themselves.»18

Dieser «afrikanische Raum» wird bis zum Schluss eine Inspiration bleiben. Er ist als ein physisch erlebbares Komposit aus menschlichen Körpern, Landschaft und Artefakten zu verstehen – als jener Raum, den Shinohara in seinem letzten auf Englisch veröffentlichten Aufsatz 2004 als Street With Human Shadows bezeichnet.19 Der Text ist das Transkript eines Vortrags, den der Architekt anlässlich der gleichnamigen monografischen Ausstellung in Kitakyūshū hielt; ausgestellt waren Reisebilder aus der ganzen Welt, die nahezu ohne Ausnahme belebte Strassenszenen zeigen.

Strassen mit menschlichen Schatten: Reisebilder von Kazuo Shinohara aus Côte d’Ivoire, Andalusien, Italien, Portugal und Dänemark – ©The Kazuo Shinohara Estate at Tokyo Tech
Strassen mit menschlichen Schatten: Reisebilder von Kazuo Shinohara aus Côte d’Ivoire, Andalusien, Italien, Portugal und Dänemark – ©The Kazuo Shinohara Estate at Tokyo Tech
Strassen mit menschlichen Schatten: Reisebilder von Kazuo Shinohara aus Côte d’Ivoire, Andalusien, Italien, Portugal und Dänemark – ©The Kazuo Shinohara Estate at Tokyo Tech
Strassen mit menschlichen Schatten: Reisebilder von Kazuo Shinohara aus Côte d’Ivoire, Andalusien, Italien, Portugal und Dänemark – ©The Kazuo Shinohara Estate at Tokyo Tech
Strassen mit menschlichen Schatten: Reisebilder von Kazuo Shinohara aus Côte d’Ivoire, Andalusien, Italien, Portugal und Dänemark – ©The Kazuo Shinohara Estate at Tokyo Tech
Strassen mit menschlichen Schatten: Reisebilder von Kazuo Shinohara aus Côte d’Ivoire, Andalusien, Italien, Portugal und Dänemark – ©The Kazuo Shinohara Estate at Tokyo Tech
Strassen mit menschlichen Schatten: Reisebilder von Kazuo Shinohara aus Côte d’Ivoire, Andalusien, Italien, Portugal und Dänemark – ©The Kazuo Shinohara Estate at Tokyo Tech
Strassen mit menschlichen Schatten: Reisebilder von Kazuo Shinohara aus Côte d’Ivoire, Andalusien, Italien, Portugal und Dänemark – ©The Kazuo Shinohara Estate at Tokyo Tech
Strassen mit menschlichen Schatten: Reisebilder von Kazuo Shinohara aus Côte d’Ivoire, Andalusien, Italien, Portugal und Dänemark – ©The Kazuo Shinohara Estate at Tokyo Tech
01 | 10
Strassen mit menschlichen Schatten: Reisebilder von Kazuo Shinohara aus Côte d’Ivoire, Andalusien, Italien, Portugal und Dänemark – ©The Kazuo Shinohara Estate at Tokyo Tech

Umbrella House

Hokusais Skizzen

20 Ebd.

21 Vgl. Shinohara 1996.

22 Vgl. Tanaka 2001, S. 215.

23 Smith 2013, S. 114.

24 Vgl. Decor 1975.

25 Vgl. Dehli/Grolimund 2022.

Shinoharas Blick durch die Kamera ist teleskopisch und intim zugleich; alle Bilder scheinen eine Art Verbindung zwischen den Gestalten «menschlicher Schatten» und den sie umgebenden Räumen ausloten oder suggerieren zu wollen. Sie wirken, als ob die abgebildeten Menschen eben gerade ihre Umgebung in einem biologischen Sinn «hergestellt» hätten oder aus dieser wie nach Verpuppung hervorgegangen wären. Ein Bedeutungs-Unterschied zwischen menschlichen Akteuren als Vordergrund und Architektur als Hintergrund ist in der schieren Alltäglichkeit dieser Szenen nicht auszumachen. Alles erscheint hierarchisch auf derselben Ebene – nicht unähnlich dem erwähnten japanischen oder chinesischen Garten: Aus der Bewegung erscheinen Dinge – Gebäude, Menschen –, geben etwas von sich preis, werden gegen andere Dinge verschoben, verschwinden aus dem Gesichts- und Wahrnehmungsfeld.

Diesen vorurteilslosen, distanzierten und zugleich engagierten Blick verdichtet Shinohara in seinem letzten Text zu einem Bild, das man nun auch als luzide Überführung des Raums von Rakuchū rakugai in das 20. Jahrhundert verstehen kann:

«The year was 1972, on the approach to Heathrow airport on an Aeroflot flight via Moscow. Coming into the airport at a low altitude, I glanced out the window and encountered what was probably a residential area of London, with not particularly wide streets filling my sight, trees lining the streets, and a number of people walking. It was my first trip overseas. At that moment I took away a marvelous scene that's hard to express in words: This is a town, this is a place people live.»20

Über Shinoharas gewissermassen anthropologischen wie ästhetischen Blick fallen menschliche Tätigkeit und Stadt in eins. Und mit der nun expliziten Bedeutungsverschiebung von der Architektur hin zur Stadt wird auch die ganz zum Anfang des ersten Teils dieses Essay postulierte Dialektik zwischen phänomenalem und cartesischem Raum aufgehoben.

1973, ein Jahr nach der ersten Afrikareise, vollzieht Shinohara einen markanten stilistischen Bruch: Zwischen House in Higashi-Tamagawa mit seinem gassen- oder schluchtenartigen Innenraum und House in Seijo mit dem zeltartigen Dach liegen ausdrucksmässig und inhaltlich Welten. 1973 ist auch das Jahr, in dem Shinohara bezüglich seiner eigenen Arbeit erstmals von «Stilen» spricht, und auch wenn House in Seijo vom Architekten noch dem Zweiten Stil zugerechnet wird, so liegt es näher bei den philosophisch-anthropologisch grundierten Entwürfen des Dritten Stils (der gemäss dem Architekten mit Tanikawa House beginnt).21

Im Zweiten Stil oder «Antistil» Shinoharas scheint das architektonische Objekt ein minimalistisch-maschinelles, «kaltes» Anderes gewesen zu sein, ein abstraktes und flächiges «Kunstwerk», das nach eigenen, euklidisch-geometrischen Regeln einen Raum aufspannt, der – obwohl einer urbanen Szenerie nachempfunden – letztlich idealisiert, entfremdet und menschenleer wirkt. Beginnend mit dem «Dritten Stil», mit Prism House, Tanikawa House und House in Uehara sowie spätestens mit Centennial Hall wird dieser Raum durch menschliche Figuren belebt, die sich zwischen gegenständlich artikulierten Dingen wie Stützen, Balken und Windrispen bewegen. Durch eine solche transversale Bewegung wird der Raum gewissermassen gekrümmt, er beginnt zu schwingen, fluktuiert, wird «heiss». Shinoharas «Architekturmaschine» funktioniert ab da eher wie ein Algorithmus oder eine Künstliche Intelligenz, die uns und der Stadt, in der wir leben, immer ähnlicher werden – auch wenn die Geometrie nach wie vor Konstituierende in den Entwürfen bleibt.

Raum als Metapher von fluktuierenden Systemen

Damit und zum Schluss ergibt sich erneut ein interessanter Bezug zum bereits erwähnten Künstler Katsushika Hokusai (1760–1849): Dessen seriell hergestellten Holzdrucke leben von einer komplexen Kombinationen einfacher geometrischer Figuren, die durch Komposition, zeichnerische Überformung und Farbe alles Maschinelle des Herstellungsprozesses ablegen.22 Es ist sehr gut möglich, dass Shinohara die bereits im Zusammenhang mit Paul Cézanne erwähnten Lehrbuch-Skizzen von Hokusai kannte und sich insgeheim auf diese bezog, wenn er den späteren Entwürfen seines Vierten Stils geometrische Grundformen zugrunde legte.

So wie bei Hokusai der Gegensatz zwischen Kompositions- und Herstellungsverfahren und belebtem Ausdruck verschwindet, so löst sich bei Shinohara nach Tanikawa House auch der apodiktisch konstruierte Gegensatz zwischen Erster und Dritter Person, zwischen Leben und Architektur auf. Letztere behält zwar als künstlerisch hergestelltes Artefakt ihre ureigene geometrische Regelhaftigkeit oder Autonomie, ist klar markiert als ein Anderes, das emotionale Wirkungen für Menschen konstruiert. Und doch gleichen die letzten Entwürfe Shinoharas weniger entfremdeten Maschinen als von uns gemachten, aus der Stadt selbst hervorgehenden, animistischen Gegenständen. Sie sind eigentliche Fetische, die wir uns zur Seite gesellen.

Über eine solche mehr ereignis- als symbolhafte Metaphorisierung der Stadt sind Shinoharas architektonische Objekte darum nicht im modernistischen Sinn als herausfordernde Kontraste zu verstehen: Sie erscheinen in der Stadt ohne die im Westen üblichen Unterscheidungen zwischen Hinter- und Vordergrund, Tradition und Fortschritt, Natur und Kultur oder eben Mensch und Maschine. Shinoharas architektonische Objekte sind materiell wie bedeutsam in unsere alltägliche und phänomenale Lebenswelt eingebettet – ebenso, wie wir darin mit dem Leib eingetaucht sind.

Kazuo Shinoharas Blick auf Architektur und Stadt ist immer zuerst ein ästhetischer, er ist piktorial und performativ zugleich. Er nährt sich anfangs bildhaft und später konzeptionell von Anleihen bei der traditionellen Architektur und Kunst wie Rakuchū rakugai, bei der europäischen Malerei sowie der zeitgenössischen Fotografie; ab dem Dritten Stil folgt er Begriffen aus Philosophie, Mathematik, Chemie und Physik. Gerade letztere gibt entscheidende Impulse: Mitte der 1980er Jahre erhält zum Beispiel der Begriff des «Chaos» eine explizite Bedeutung durch wissenschaftliche Publikationen, etwa des Nobelpreisträgers für Chemie, Ilya Prigogine. Wenn in diesem Text im Zusammenhang mit der Centennial Hall von einem «fluktuierenden» Raum die Rede war, dann sind damit auch jene «emergierenden» Phänomene mitgemeint, die durch die Chaostheorie der 1980er und 1990er Jahre beschrieben wurden und diese populär machten: Etwa wenn sich Schwankungen in nicht-linearen Systemen zu stabilen Strukturen verstetigen – wie in der Strömungsdynamik, in elektronischen Schaltkreisen, aber auch in Ökosystemen und in der Wirtschaft.

Am Vorabend des 21. Jahrhunderts meinte Shinohara solche nicht-linearen Phänomene auch in Tokio zu erkennen. Ein von ihm immer wieder bemühtes Beispiel ist die berühmte Shibuya-Kreuzung, bei der die Menschenmassen zwischen elektronischen Billboards und kurzlebiger Architektur «fluktuieren» und dabei gleichzeitig eine stabile Kultur der Metropole verkörpern.

Somit ist auch der architektonische Raum als ein nicht-lineares System verständlich – nicht-linear darf wörtlich verstanden werden –; in ihm, mit ihm und durch ihn aggregieren und verstärken sich menschliche Handlungen, hervorgehend aus einer kulturellen Praxis und diese gleichzeitig stabilisierend. Das trifft auch auf das architektonische Objekt zu; es emergiert aus dem kulturellen Hintergrund der Stadt. Der urbane Raum, der zwischen diesen Objekten fluktuiert, ist weich und unscharf, topologisch: Er geht aus unzähligen Einzelperspektiven hervor wie der kontinuierliche und elastische Bildraum von Cézanne, der durch die virtuelle Bewegung in einer abgebildeten Landschaft im Auge der Betrachtenden erscheint.23 Dieser Raum ist Erste und Dritte Person zugleich: eben Zero Person.

Cézannes Leiter zurück in Europa

Mit dieser abschliessenden Folgerung lohnt ein letzter Blick auf Rakuchū rakugai, sozusagen vom Kopf der Leiter des 21. Jahrhunderts aus. Die dargestellten, kleinen Szenen zwischen Wolken scheinen so vergänglich wie ewig, sie fluktuieren bei gleichzeitiger Stasis in der Stadt: Sie erzeugen trotz ihrer Fixierung auf dem Bildträger in der Gesamtheit eine vibrierende Lebendigkeit. Eine Lebendigkeit wohlgemerkt des zeitlosen Moments, der Leere, der auch heute noch und real zwischen menschlichen Gestalten und architektonischen Objekten überall und immer wieder in Tokio begegnet werden kann. Diese buddhistische Leere ereignet sich überall dort, wo der ästhetische Blick zwischen erlebtem und objektiviertem, oder besser: virtuellem Raum fluktuiert.

Mit dieser erlebbaren Leere stellt sich vielleicht zuletzt die Frage nach der im ersten Teil dieses Essays postulierten «Urbanität» von Tanikawa House – denn die Residenz des Dichters Shuntarō Tanikawa steht in einem Waldstück, weit ab vom städtischen Ort, wo sie bestellt und erdacht worden ist. Eine mögliche Antwort gibt eben nun jene Leiter im Sommer-Raum; sie ermöglicht nach den «urbanen» Projekten von Shinoharas Zweitem Stil virtuell vielleicht jenen objektivierten oder nach dem Philosophen Graham Harman gottesgleichen Blick von oben, der eine Ahnung auf den eben beschriebenen, sich stets wandelnden und fluktuierenden, topologischen Raum zwischen architektonischen Objekten in der Stadt vermittelte. Auf dem abschüssigen Boden zeigt sie zudem das für ein urbanes Leben typische Moment der Unsicherheit schlechthin, vielleicht im Gegensatz zum zeltartig beschützenden Dach darüber und auch zur behaglichen Pioneer Cabin nebenan.

Vom Gebrauch der Leiter rät der heutige Hausherr ab, und so bleibt sie erst einmal eine reine Denkfigur. Auch wenn die «Kirche für einen Pantheisten» nur mittelbar als ein städtischer Raum verstanden werden kann, so ist das Haus des Dichters doch ein sehr urbaner Ort, am besten vergleichbar mit einer Edo-zeitlichen Samurai-Residenz, in der sich höfische und ländliche Gebräuche begegnen, oder einer für das heutige Japan so typischen Kunst-Location auf dem Land, idyllisch gelegen über einem wilden Tal und mitten im Wald. In einem gewissen Sinn ist im Sommerraum von Tanikawa House nicht nur der (westliche) Gegensatz von Haus- und Stadtraum aufgehoben, sondern auch derjenige von Stadt und Natur: Die schiefe Ebene und den Raum, den diese aufspannt, verstand Shinohara als eine stets gleich behandelbare, mathematisch-topologische Bedingung für Architektur – sei diese nun städtisch oder landschaftlich geprägt.24

Wenn die Leiter in Tanikawa House nicht erklommen werden darf, so lässt sich die eben beschriebene Verschränkung von Erleben und Entrückung doch seit Kurzem direkt nachvollziehen, sogar in Europa und in nuce: nämlich im 2022 von Tokio auf den Vitra-Campus nach Weil am Rhein versetzten Umbrella House, das im Werk von Kazuo Shinohara einen ähnlich wichtigen Wendepunkt markiert wie Tanikawa House.25 Klettert man auf dessen Leiter über die Höhe des den Raum symbolisch teilenden Binderkreuzes hinaus, so präsentiert sich das Wohnzimmer darunter plötzlich «wie aus dem Flugzeugfenster»: Unter dem regenschirmartigen Dach ist man darin nicht mehr leiblich eingetaucht, sondern enthoben oder sogar entrückt. Dabei verdeckt das Binderkreuz wie die Struktur in Centennial Hall Teile der sich darunter präsentierenden Szenerie. Der Weg von der phänomenalen Ersten Person Einzahl zur virtuellen Dritten Person ist damit tatsächlich äusserst kurz und einfach: Über gerade mal elf Sprossen klettert Zero Person in einem theatralischen Akt vom «Ich» seiner häuslichen Welt zum «Es» der Stadt.

Bibliografie:  

  • Bonnin, Philippe, Nishida Masatsugu, Inaga Shigemi, Vocabulaire de la spatialité japonaise, Paris 2012. 
    Dehli, Christian, Grolimund, Andrea (Hg.), Kazuo Shinohara: The Umbrella House Project, Weil am Rhein 2022. 
  • Fala Atelier (Hg.),1961–1992 Japan, Sammlung japanischer Häuser, Porto 2021. 
  • Harman, Graham, Architecture and Objects, Minneapolis 2022. 
  • Itō, Teijii, Yukio Futagawa, Nihon no minka, Tokio 1955. 
  • Kuan. Seng (Hg.): Kazuo Shinohara. Traversing The House and the City, Zürich 2021, S. 229. Original japanisch «ModanNekusuto he no messēji: toshi, kaosu, kassei», in: Kenchiku bunka, Nr. 504 (Oktober 1988), S. 30–39. 
  • Kisa Decor (Hg.), Seminar Series Nr. 1, «Housing and the City: Koji Taki Dialogue Collection, Conversations with four designers», Heft 3, 1975.  
  • Lévi-Strauss, Claude, Das wilde Denken, Frankfurt a.M. 1973; japanisch Yasei no shikō, Tokio 1976. 
  • Massip-Bosch, Enric, Emotion Devices. The Role of Concrete Frame Structures in the Architecture of Kazuo Shinohara, Barcelona 2015.
  • Shinohara, Kazuo, «Ragyō no kūkann no ōdan suru toki», in: Shinkenchiku, Tokyo, Oktober 1975, S. 158–163. Englische Übersetzung: Kazuo Shinohara, «When Naked Space is Traversed», in: JA The Japan Architect, Februar 1976, S. 69. 
  • Shinohara, Kazuo «The Savage Machine as an Exercise», in: The Japan Architect, März 1979. 
  • Shinohara, Kazuo, «Chaos and Machine», in: The Japan Architect 5–1988, S. 25–32. 
  • Shinohara, Kazuo, Shinohara Kazuo, Tokio 1996. 
  • Shinohara, Kazuo Street With Human Shadows, Bd. 1, Kitakyūshū 2004. 
  • Smith, Paul, «Cézanne’s ‹Primitive› Perspektive or the ‹View from Everywhere›», in: The Art Bulletin, 1–2013, S. 102–119. 
  • Stewart, David B., «Kazuo Shinohara’s Three Spaces of Architecture and his First and Second Style”, in: Kazuo Shinohara: Casas Houses, 2G 58/59, Barcelona 2011. 
  • Tanaka, Hidemichi, «Cézanne and ‹Japonisme›», in: Artibus et Historiae, 2001, Band 22, Jg. 44, S. 201–220.
Daidalos dankt:
Sponsor werden
Artikel 24/04
25.4.2024Tibor Joanelly

Folge der Leiter!

Kazuo Shinoharas Urban Turn lässt dessen Bauten zu Stadtlandschaften werden, in denen sich mit der Bewegung und Wahrnehmung auch die Wirkung von Raum und Zeit überblenden. lesen
24/04
Folge der Leiter! II
Artikel 24/03
22.3.2024Tibor Joanelly

Folge der Leiter!

In seinen Überlegungen zu Kazuo Shinohara begegnet Tibor Joanelly neben Paul Cézanne auch der Dritten Person im Werk des japanischen Meisters. lesen
24/03
Folge der Leiter! I
Artikel 24/02
23.2.2024Dieter Geissbühler

Absehbare Vergänglichkeit

Hinter der Fassade der Mall of Switzerland wittert Dieter Geissbühler die Ästhetik der Ruine. Diese erstickt jedoch in gestalterischer Belanglosigkeit. lesen
24/02
Absehbare Vergänglichkeit
Artikel 24/01
18.1.2024Ana Catarina Silva

Housing. Not flats

Architect Philipp Esch spoke to Ana Catarina Silva about undetermined spaces, architecture as a process and beauty as the most enduring measure of sustainability. lesen
24/01
Housing. Not flats
Artikel 23/11
14.12.2023Jorge Melguizo

Medellín

Once the most dangerous city in the world, Medellín became a model for urban change. Its architecture is the image of what is even more important. lesen
23/11
Medellín
Artikel 23/10
27.10.2023Savatore Dellaria

The Southgate Myth

Built and demolished within less than thirty years, Stirling's Southgate Estate stands for what it was planned for and against which it had to fail: Britain's neoliberalism. lesen
23/10
The Southgate Myth
Artikel 23/09
26.9.2023Randa A. Mahmoud

Lost in Gourna

Hassan Fathy was brilliant and visionary, but an early project was strongly rejected by its residents. Randa A. Mahmoud studied Gourna to get behind the paradox of Egypt's Great Architect. lesen
23/09
Lost in Gourna
Artikel 23/08
29.8.2023Grisi Ganzer

Pandoras Boxen

Grisi Ganzers Erlebnisbericht über die Kollaboration im Deutschen Pavillon der Architekturbiennale schildert Eindrücke und Erfahrungen rund um den Bau einer Bar für das Kulturzentrum Pandora. lesen
23/08
Pandoras Boxen
Artikel 23/07
27.7.2023Bart Lootsma

Diffusionen

Textbasiert generiert KI realitische Bilder mit diffusem Urspung. Unperfekt und ergebnisoffen irritieren diese unser ästhetisches Empfinden und verändern die gesamte visuelle Kultur. lesen
23/07
Diffusionen
Artikel 23/06
28.6.2023Denis Andernach

Andernach's Häuser

Frei von Zwängen zeichnet Denis Andernach seine Häuser als pure Architekturen in menschenleere Landschaften. Elementare Formen vereint er dabei mit erdachten Nutzungen. lesen
23/06
Andernach's Häuser
Artikel 23/05
24.5.2023Pedro Gadanho

Learning from Hippie Modernism

An environmental avant-garde grew out of the resistance against the post-war society of the late 1960s. While their efforts were derided as esoteric, time has come to learn from their approaches. lesen
23/05
Hippie Modernism
Artikel 23/04
27.4.2023Giacomo Pala

Pineapple Modernity

The intersection of globalization and modernity: the pineapple and the emergence of a new architectural paradigm since the 18th century. lesen
23/04
Pineapple Modernity
Artikel 23/03
29.3.2023Claudia Kromrei

Case come noi

Eine Insel, drei Schriftsteller und drei Häuser, in denen sie lebten, liebten und arbeiteten. In Capris Idylle entfalten die Bauten die Persönlichkeit ihrer Erbauer und inszenieren deren Selbstverliebtheit. … lesen
23/03
Case come noi
Artikel 23/02
23.2.2023Bahar Avanoğlu

[Un]built

Separating "unbuilt" architecture from the one "not built", Raimund Abraham's oeuvre is a vital reminder of architecture as a work of memory and desire and as an independent art of building the [Un]built. lesen
23/02
[Un]built
Artikel 23/01
18.1.2023Wolfgang Bachmann

Neuland

Eine Exkursion in eine unbekannte Gegend: In seinem Reisebericht über die Lausitz erzählt Wolfgang Bachmann von Kulissen der DDR, ihrer westlastigen Aufarbeitung - und barocker Prächtigkeit. lesen
23/01
Neuland
Artikel 22/07
23.11.2022Bettina Köhler

Liebe du Arsch!

Kann man Häuser wegwerfen? Kann man Ignoranz, Gier und Resignation überwinden? Hilft Liebe? Bettina Köhler bejaht diese Fragen und spürt der Schönheit als Hüterin der Dauerhaftigkeit nach. lesen
22/07
Liebe du Arsch!
Artikel 22/06
19.10.2022Fala

Fala meets Siza

Fala and Álvaro Siza are bound by origins but separated by age. In a personal encounter, the 89-year-old Pritzker Prize winner talks about that which is still reflected in Fala's own work today. lesen
22/06
Fala meets Siza
Artikel 22/05
22.9.2022Anna Beeke

Trailer Treasures

Within mobile home parks, Anna Beeke encounters a clear desire for individualized place. In her photographs she shows how prefabricated units are the same, but different. lesen
22/05
Trailer Treasures
Artikel 22/04
20.8.2022Mario Rinke

Offene Meta-Landschaften

Mario Rinke plädiert für Tragwerke, die nicht für eine Nutzung, sondern aus dem Ort heraus erdacht werden. In diesen Meta-Landschaften können sich Architekturen episodenhaft ereignen. lesen
22/04
Offene Meta-Landschaften
Artikel 22/03
1.7.2022Virginia de Diego
caption

Reductio ad absurdum

Through deliberate destruction a former bunker can be preserved. Its relevance is created out ouf its absurdity. lesen
22/03
Reductio ad absurdum
Artikel 22/02
1.7.2022Jerome BeckerMatthias Moroder

The balance of chaos and structure

In conversation with Jerome Becker and Matthias Moroder, Marc Leschelier emphasises his aversion to functionalism and stresses the importance of architecture as a form of expression. lesen
22/02
Chaos and Structure
Artikel 22/01
1.7.2022Gerrit Confurius
Teatro di Marcello, Rom, Giovanni Battista Piranesi (1720-1778), ca. 1757

Permanenz als Prinzip

Gerrit Confurius erinnert sich an das Ende der gedruckten Ausgabe von Daidalos und empfiehlt das Prinzip der Permanenz als Strategie auch für die zukünftigen Aufgaben der Architektur. lesen
22/01
Permanenz als Prinzip
Verpasse keine Artikel dank unserem Newsletter.
#